Arbeitsrecht: Anspruch auf Pflegebonus aus § 26 e Abs. 2 Satz 1 KHG

Arbeitsrecht: Anspruch auf Pflegebonus aus § 26 e Abs. 2 Satz 1 KHG

Arbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 27.09.2023, 10 Ca 997/23

 

Die Klägerin stand vom 01.10.1986 bis einschließlich 31.12.2021 in einem Arbeitsverhältnis mit einem Klinikum in kommunaler Trägerschaft. Vom 01.01.2021 bis zum 10.06.2021 arbeitete sie an 161 Arbeitstagen als Krankenschwester auf der Säuglingsstation. Das Klinikum kündigte das Arbeitsverhältnis mit Kündigung vom 9.6.2021 außerordentlich fristlos aus verhaltensbedingten Gründen. Die beiden Parteien haben unter dem 13.04.2022 einen gerichtlichen Vergleich (Bl. 8 d.A.) in einem hierüber geführten Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Nürnberg (Az.: 10 Ca 2826/21) geschlossen, in dem sie sich unter anderem auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2021 verständigten. Unter Ziffer 4 des Vergleichs wurde vereinbart, dass die Beklagte (das Klinikum) das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung ordnungsgemäß abrechnet und den entsprechenden Nettobetrag an die Klägerin auszahlt.

Die Klägerin machte die Zahlung eines Pflegebonus nach § 26e Abs. 2 Satz 1 KHG in Höhe von 1.100,00€ brutto für das Kalenderjahr 2021 in einem weiteren Klageverfahren geltend. Dies begründete sie damit, dass für das Kalenderjahr 2021 Sonderleistungen gem. § 26 e KHG an die Belegschaft ausgezahlt wurden und ihr wegen des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses bis 31.12.2021 ebenso Sonderleistungen gem. § 26 e KHG zustehen würden, auch wenn sie nicht mindestens 185 Tage auf bettführenden Stationen mit unmittelbarer Patientenversorgung gearbeitet hatte.

Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab, weil Voraussetzung des § 26 e Abs. 2 Satz 1 KHG ist, dass die Pflegefachkraft im Jahr 2021 an mindestens 185 in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen im Krankenhaus tatsächlich beschäftigt gewesen sein muss. Bei der Säuglingsstation handelt es sich zwar um eine solche bettenführende Station mit unmittelbarer Patientenversorgung, jedoch war die Klägerin lediglich an 161 Tagen dort tatsächlich eingesetzt. Damit wäre das Klinikum deshalb nicht berechtigt gewesen, die Klägerin als eine Pflegekraft, die die Voraussetzungen des § 26 e Abs. 2 Satz 1 KHG erfüllt, anzugeben und eine Auszahlung durch den GKV-Spitzenverband zu erhalten.

Dass ein weiterer Einsatz möglicherweise nur aufgrund der Kündigung nicht mehr erfolgte, ist im Rahmen des § 26 e KHG unerheblich.

§ 26 e Abs. 2 Satz 1 KHG stellt lediglich auf die tatsächliche Beschäftigung ab. Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine Beschäftigung „in der unmittelbaren Patientenversorgung“ vorausgesetzt wird. Daraus lässt sich schließen, dass der Pflegebonus ein Ausgleich für die Belastung durch die unmittelbare Tätigkeit am Patienten sein soll, die das Pflegepersonal in dem von § 26 e Abs. 2 Satz 1 KHG vorausgesetzten zeitlichen Mindestumfang erbracht haben muss.

Das Ziel des Gesetzgebers ist es, mittels des Pflegebonusgesetzes die besonderen Belastungen und Leistungen des Pflegepersonals in Krankenhäusern und in der Langzeitpflege aufgrund der Corona-Pandemie durch die kurzfristige Bereitstellung von finanziellen Mitteln zu würdigen. Auch aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass § 26 e KHG die Entlastung des Pflegepersonals, welches in den von § 26 e KHG umfassten Krankenhäusern tatsächlich beschäftigt war, bezweckt.

Weil die Klägerin die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 Satz 1 KHG aufgrund der mindestens erforderlichen tatsächlichen Arbeitstage nicht erfüllt, hatte sie keinen Anspruch auf Pflegebonus.

 

Anmerkungen RA Schröter (Fachanwalt für Arbeitsrecht, Versicherungsrecht und Medizinrecht):

Es handelt sich bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts Nürnberg- Gerichtstag Weißenburg um eine für Kliniken wichtige Entscheidung zu § 26 e KHG. Das Endurteil sorgt auch für Klarheit und Rechtssicherheit im Hinblick auf Arbeitsvertragsverhältnisse mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich in Elternzeit, Altersteilzeit, Krankheit u. ä. befunden haben. 

Stefan Schröter

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter der Hochschule Ansbach
Privatdozent (Bankrecht)

Ihr Anwalt für dieses Fachgebiet
Rechtsanwalt Stefan Schröter