Erbrecht: Der digitale Nachlass

Der digitale Nachlass

 

In der heutigen Zeit ist die Nutzung des Internets und der sozialen Medien ein fester Bestandteil des Alltags geworden. Der Frage, was nach dem Tod eines Internetnutzers mit seinen Konten und Accounts bei Plattformen sozialer Medien passiert und wer dann über sie verfügen darf, kommt eine immer größer werdende Bedeutung zu. In diesem Kontext hat sich der Begriff „digitaler Nachlass“ etabliert.

 

Was ist der digitale Nachlass?

Der sog. digitale Nachlass umfasst eine Vielzahl von Rechtspositionen eines verstorbenen Internetnutzers.

Dazu gehören unter anderem:

  • Vertragsbeziehungen zu Providern für E-Mail- Dienste,
  • Nutzungsrechte an Domainnamen,
  • Vertragsbeziehungen zu den Anbietern sozialer Netzwerke wie zum Beispiel Facebook, LinkedIn und Instagram,
  • Urheberrechte und Rechte an hinterlegten Fotos, Videos und Blogeinträgen,
  • Vertragsbeziehungen zu Anbietern virtueller Konten zum Beispiel für Online-Banking,
  • sowie verschiedene Mediendienste (Online-Abonnements von Zeitungen, Streaming-Dienste).

Ob und wie der digitale Nachlass vererbt wird, war längere Zeit unklar. Das BGH-Urteil vom 12.07.2018 (Az.: III ZR 183/17) klärte diese Frage:

Auch der digitale Nachlass ist anderen Nachlassgegenständen gleichzusetzen und damit Teil der Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB. Das bedeutet, dass auch der digitale Nachlass auf die Erben mit Eintritt des Erbfalls übergeht.

Daraus folgt, dass Erben selbst über die Daten aus E-Mail-Konten und Accounts sozialer Netzwerke verfügen dürfen, auch wenn der Verstorbene in den Nutzungseinstellungen der jeweiligen Plattform dies anders festgelegt hat. Das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers und das Fernmeldegeheimnis stehen diesem Zugang und den darin befindlichen Inhalten nicht entgegen.

Ein weiteres Urteil des BGH (Beschluss V. 27.08.2020, Az. III ZB30/20) konkretisiert dies: Die Anbieter sozialer Netzwerke müssen den Hinterbliebenen einen direkten Zugang zu den Konten in gleicher Weise gewähren, wie ihn auch der Erblasser selbst gehabt hat. Die aktive Nutzung der Konten bei sozialen Netzwerken ist den Erben jedoch untersagt.


Was sollte man regeln?

Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, auch den digitalen Nachlass -außerhalb eines Testaments- zu regeln und eine oder mehrere Vertrauenspersonen zu bestimmen, die sich nach dem Ableben mit dem jeweiligen digitalen Nachlass befassen sollen. Hilfreich ist es außerdem, Listen mit allen Internetkonten zu erstellen und sicher aufzubewahren. Dies ermöglicht, dass beispielsweise laufende Verträge und Abonnements schnellstmöglich gekündigt werden können und insgesamt Klarheit über den digitalen Nachlass der jeweiligen Person herrscht.

Stefanie Braun

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
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