Zivilrecht: Dieselskandal – erste Urteile in Sachen Mercedes-Benz

Das Kraftfahrtbundesamt hat festgestellt, dass in bestimmten Daimler-Dieselmotoren in Bezug auf die Abgasreinigung Abschalteinrichtungen installiert wurden, die nach Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes rechtswidrig sind. Daimler wurde daher aufgefordert, diese Fahrzeuge zurückzurufen und die Abschalteinrichtung durch ein Software-Update zu beseitigen.

Anders als in den VW-Fällen funktioniert die Abschalteinrichtung bei Daimler nicht gezielt durch Erkennung der Prüfsituation sondern nach der Methode “Thermofenster". Hierbei regelt das Fahrzeug automatisch, je nachdem, welche Temperatur außen herrscht, die Abgasreinigung hoch oder herunter. Das Thermofenster, innerhalb dessen die Abgasreinigung zu 100 % voll funktioniert, ist jedoch so klein gehalten, dass über das Jahr gesehen die Abgasreinigung eher öfter heruntergeregelt ist als voll funktionstüchtig. Bei Temperaturen oberhalb bzw. unterhalb der Fenstergrenze stößt das Fahrzeug also erheblich mehr Abgase aus, als gesetzlich zulässig wären.

Gegen diesen Bescheid hatte Daimler zuletzt Widerspruch eingelegt, der zurückgewiesen wurde. Zuletzt hat man nunmehr Anfechtungsklage gegen diesen Widerspruchsbescheid eingereicht. Es ist allerdings zu erwarten, dass Daimler damit keinen Erfolg haben wird, da zwischenzeitlich der Europäische Gerichtshof festgestellt hat, dass die Einwirkung auf die Abgasreinigung, auch mit der Methode “Thermofenster" rechtlich unzulässig ist und somit eine nicht legale Beeinflussung der Abgasreinigung vorliegt.

Ob hieraus letztlich dann Schadensersatzansprüche gegen Daimler durchgesetzt werden können, ist jedoch fraglich. Für die Durchsetzung derartiger Ansprüche ist der Nachweis einer sogenannten “vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung" erforderlich. Anders als in den VW-Fällen, wo dies vom Bundesgerichtshof zwischenzeitlich so festgestellt werden konnte, lässt sich diese Feststellung bei Daimler nicht einfach so treffen. Denn, während VW eine gezielte Abschalteinrichtung implementiert hat, die die Prüfsituation erkennt und dann die Abgasreinigung hochfährt und so dem Prüfer vortäuscht, die Abgasreinigung würde zu 100 % voll funktionieren, ist dies bei der Methode “Thermofenster" gerade nicht so. Hierbei gibt es keine gezielte Erkennung der Prüfsituation, sondern die Abgasreinigung wird nur mittelbar über das zum Zeitpunkt des Betriebes des Fahrzeugs außen herrschenden Temperatur beeinflusst.

Zuletzt hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss entschieden, dass nicht automatisch von einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung ausgegangen werden kann. In dem dortigen Verfahren wurde die Sache allerdings zurück an das Oberlandesgericht verwiesen, da nach Ansicht des Bundesgerichtshofes die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen/Behauptungen zur vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung nicht ausreichend beachtet und bewertet wurden. Es bleibt also abzuwarten, wie das Oberlandesgericht Stuttgart in dieser Sache entscheiden wird.

Nachdem bisher die Verfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart mit dem Argument abgewiesen wurden, dass keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vorliegen könne, da man Daimler zumindest guten Glauben unterstellen könnte, damals in Verkennung der Rechtslage solche “Thermofenster" implementiert zu haben, ist davon auszugehen, dass das Oberlandesgericht Stuttgart und wohl auch die anderen Oberlandesgerichte, die sich mit dieser Thematik befasst haben, auch weiterhin keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung feststellen können.

Betroffenen, die bisher noch keine gerichtlichen Schritte gegen Daimler eingeleitet haben, bleibt letztlich somit nur die Möglichkeit, entweder den weiteren Verlauf der Rechtsprechung abzuwarten (freilich unter stetiger Beachtung etwaiger Verjährung) oder etwaige Ansprüche schon jetzt rechtshängig zu machen, um dann gegebenenfalls von einer günstigen Rechtsprechung, falls diese sich in Richtung Verbraucher positiv entwickelt, zu profitieren.

Michael Stock

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verkehrsrecht