Wohnungseigentümergemeinschaft: Installation von Ladestationen (Wallboxen) für Elektrofahrzeuge in Tiefgaragen

Wohnungseigentümergemeinschaft: Installation von Ladestationen (Wallboxen) für Elektrofahrzeuge in Tiefgaragen

AG Neustadt (Rübenberge), Urteil vom 20.03.2023, 20 C 562/22

Die Anfechtungsklage des Falles bezog sich auf einen Beschluss, durch den Eigentümern von TG-Stellplätzen in einer WEG-Anlage genehmigt wurde, Wallboxen (11 KW) fachgerecht zu installieren und an den jeweiligen Wohnungsstromzähler auf eigene Kosten anzuschließen.

Dafür müssen folgende Voraussetzungen eingehalten werden:

• Zum einen muss der Ladestrom einstellbar sein: 2,1 KW/ 3,7 KW/ 11 KW (230V/400V) und wenn weitere Nutzer eingeschalten werden, muss der Ladestrom an die vom Netzbetreiber  vorgeschriebene maximale Last angepasst werden.

• Wird die Wallbox später gemeinschaftlich genutzt, muss der Anschluss zurückgebaut und die Kabeltrasse muss für weitere Nutzer vorbereitet werden.

• Außerdem muss die Ausführung mit dem Hauswart bzw. mit dem Verwaltungsbeirat abgestimmt werden.

Die Anfechtungsklage ist erfolglos, da der Beschluss über die Genehmigung nach Erachten des Gerichts ordnungsgemäß erfolgte.

Die Gemeinschaft hat nach § 20 Abs 2 Satz 1 Nr. 2 WEG Beschlusskompetenz, Auflagen bei der Genehmigung der Installation von Wallboxen und deren Infrastruktur festzulegen. Es handelt sich bei der Installation von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge um privilegierte bauliche Veränderungen, die von jedem Eigentümer nach § 20 Abs. 1 WEG verlangt werden können. Die konkreten Maßnahmen werden daher auch von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG umfasst. Die Grenzen des § 20 Abs. 4 WEG und die Rechte der anderen Eigentümer müssen aber beachtet werden. Deshalb muss für andere Wohnungseigentümer die Möglichkeit bestehen, später noch eine Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge zu installieren, auch wenn sie zuvor kein Interesse an einer solchen hatten. Bei der erstmaligen Installation muss berücksichtigt werden, dass die Kabel so zu verlegen sind, dass später von weiteren Nutzern die Kabeltrasse ebenso genutzt werden kann. Dass der Stromanschluss nicht auf eine Nutzung durch alle Bewohner ausgelegt ist, steht dem nicht entgegen, da Anpassungen in Zukunft erfolgen können. Auch bestanden keine Bedenken des Gerichts bezüglich der Bestimmtheit des Beschlusses. Dass er sich hier nicht nur auf einen Einzelfall bezieht, schadet konkret nicht.

Kritik an der Entscheidung

Die Gestattung einer Lösung mit wenigen Ladestationen mag der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Schließlich wurde ein eventueller künftiger Ausbau einkalkuliert und außerdem eine Rückbaupflicht bei einer gemeinsamen Entschlussfassung vorgesehen. Letzteres entspricht einer auflösend bedingten Gestattung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG.

Von § 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG werden auch flankierende Maßnahmen erfasst. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise Leitungsführungen oder auch Mauerdurchbrüche kein Problem darstellen, sofern unter anderem Vorschriften des Brandschutzes eingehalten worden sind.

Problematisch hingegen ist, dass § 20 Abs. 1 WEG den Soll-Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums neu definiert und jeder Beschluss ausreichend bestimmt sein soll. Der vorliegende Beschluss soll einerseits pauschal die Änderungen gestatten. Jedoch werden Brandschutzfragen und weitere Planungen über den Ablauf der Veränderungen wegdelegiert. Außerdem ist die Formulierung „die Ausführung ist mit dem Hauswart/Verwaltungsbeirat abzustimmen“ sehr ungenau, was zu ihrer Anfechtbarkeit oder sogar ihrer Nichtigkeit führen kann. Letzteres würde dazu führen, dass der ganze Beschluss nicht mehr wirksam wäre.

 

Es lässt sich zusammenfassen, dass die Gemeinschaft die Beschlusskompetenz hinsichtlich der Erteilung von Auflagen bei der Genehmigung hat. Ferner wird von § 20 Abs. 2 WEG nicht nur die Installation, sondern auch die die Infrastruktur von Ladestationen umfasst.

Die Elektromobilität wird in den kommenden Jahren weiterhin zunehmen. In Anbetracht dessen wären einheitliche Lösungen im Hinblick auf die sachgerechte Vorbereitung einer Gesamtausstattung von Tiefgaragen ratsam.

Markus Rauh

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Transportrecht
Verwaltungsrecht

Theoretische Voraussetzungen zum Fachanwalt für Arbeitsrecht
Theoretische Voraussetzungen zum Fachanwalt für Steuerrecht

Ihr Anwalt für dieses Fachgebiet
Rechtsanwalt Markus Rauh