Erb-/Familien-/Steuerrecht: Steuerliche Vorteile des Nießbrauchs

In den letzten Jahren sind die Immobilienpreise stark angestiegen. Im Hinblick auf die im Erbfall anfallenden hohen Steuern kann es deswegen ratsam sein, Immobilien schon lange vor einem möglichen Erbfall zu übertragen. Schenkende Personen können die Immobilie weiter nutzen, wenn sie sich den Nießbrauch vorbehalten!

Was ist ein Nießbrauch?

  • Ein Nießbrauch beschreibt ein Nutzungsrecht an einer bestimmten Sache.
  • Ein Nießbrauch kann beispielsweise an einer Immobilie vereinbart werden, wenn diese im Zuge einer Schenkung den Eigentümer wechseln soll.

Welche Rechte und Pflichten beinhaltet der Nießbrauch?

  • Da der Nießbraucher der Besitzer der Immobilie ist, kann er diese selbst nutzen, verpachten, vermieten oder einer anderen Person unentgeltlich überlassen.
  • Der Nießbraucher ist dazu berechtigt, alle Nutzungen aus der Sache zu ziehen. Darunter fallen auch Mietzinsforderungen. Es ist ebenfalls möglich, dass der Nießbraucher nur einen Anspruch auf einen Teil der Mieteinnahmen geltend machen kann. In diesem Zusammenhang spricht man von einem sogenannten Quotennießbrauch.
  • Der Nießbraucher ist jedoch auch dazu verpflichtet, die Immobilie zu erhalten, Versicherungspflichten zu erfüllen und Grundsteuern, Kehrgebühren und andere öffentliche oder private Lasten zu tragen.
  • Der Nießbraucher muss jedoch lediglich die Kosten tragen, die für den gewöhnlichen Erhalt der Immobilie notwendig sind. Zu außergewöhnlichen Ausbesserungen oder Erneuerungen ist der Nießbraucher nicht verpflichtet.

Wie wird ein Nießbrauch an Grundstücken oder Immobilien bestellt?

  • Die Parteien müssen sich über die Nießbrauchbestellung einig sein.
  • Der Nießbrauch muss in das Grundbuch eingetragen werden.

Welche Arten von Nießbrauch gibt es?

Es wird zwischen Vorbehaltsnießbrauch und Zuwendungsnießbrauch unterschieden.

  • Wenn der Eigentümer einer Immobilie sich dazu entschließt, diese zu verschenken und sich die dinglichen Nutzungsrechte vorbehalten möchte, wird er zum Nießbraucher. Der Beschenkte wird der neue Eigentümer der Immobilie. In diesem Zusammenhang spricht man von einem Vorbehaltsnießbrauch.
  • Wenn der Eigentümer sich dazu entschließt, das Eigentum an der Immobilie zu behalten und lediglich die dinglichen Nutzungsrechte zu übertragen, spricht man von einem Zuwendungsnießbrauch. Der Zuwendungsnießbrauch kann entgeltlich und unentgeltlich erfolgen. Beim entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch bekommt der Eigentümer für die Gewährung des Nutzungsrechts vom Nießbraucher einen Geldbetrag. Beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch erhält der Eigentümer keine Gegenleistung.

In der Praxis entscheiden sich Schenkende eher für den Vorbehalts- als für den Zuwendungsnießbrauch. Der Zuwendungsnießbrauch ist beispielsweise eine Option, wenn das Kind Nießbraucher einer Immobilie werden soll, um durch Mieteinnahmen das Studium finanzieren zu können. Die Einkünfte kann das Kind häufig mit einem niedrigeren Einkommenssteuersatz versteuern als die Eltern.

Was muss beim Vorbehaltsnießbrauch beachtet werden, wenn der Beschenkte minderjährig ist?

Wenn der Schenker als Elternteil der gesetzliche Vertreter des minderjährigen Beschenkten ist, muss teilweise ein Ergänzungspfleger hinzugezogen werden.

  • Ein Ergänzungspfleger ist immer dann notwendig, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
  • Die Schenkung einer Immobilie unter Nießbrauchvorbehalt an Minderjährige, die älter als 7 Jahre sind, wird jedoch in der Regel als nicht rechtlich nachteilig eingestuft. Voraussetzung für diese Annahme ist jedoch, dass der Nießbraucher auch außergewöhnliche Kosten trägt und der minderjährige Beschenkte nicht dafür aufkommen muss.

Darf der Nießbraucher das Grundstück oder das Bauwerk verändern?

Umgestaltungen oder wesentliche Veränderungen der Immobilie erfordern die Zustimmung des Eigentümers. Allerdings können abweichende Vereinbarungen getroffen werden.

Hat der Nießbraucher oder der Eigentümer das Stimmrecht bei Eigentümerversammlungen?

Der Nießbraucher ist zwar der Vermieter einer Immobilie, das Stimmrecht in Eigentümerversammlungen steht jedoch nur dem Eigentümer zu.

Wie wirkt sich der Vorbehaltsnießbrauch auf die Schenkungssteuer aus?

  • Der Kapitalwert des Nießbrauchs wird von dem steuerlichen Grundbesitzwert abgezogen. Nur für den verbleibenden Betrag fällt eine Schenkungssteuer an.
  • Der Kapitalwert sagt aus, wie groß der Nutzen ist, den der Nutznießer der Immobilie im Verlauf seines Lebens zu erwarten hat. Die Höhe des Kapitalwertes ist abhängig von dem Jahreswert des Nießbrauches und dem Alter des Nießbrauchers bzw. der Dauer des Nießbrauchs. Je höher der Kapitalwert, desto niedriger fällt die Schenkungssteuer aus.

Letztendlich kann ein junger Nutznießer viele Jahre Einkünfte aus der Immobilie erzielen. Die Schenkungssteuer, die für den Beschenkten und somit neuen Eigentümer anfällt, ist dementsprechend geringer als die Steuer, die anfällt, wenn der Nutznießer wesentlich älter ist.

Wie wirkt sich der Zuwendungsnießbrauch auf die Schenkungssteuer aus?

  • Die Schenkungssteuer fällt bei einem Zuwendungsnießbrauch ebenfalls nur für die Bereicherung an, welche vorliegt, wenn der Kapitalwert von dem steuerlichen Grundbesitzwert abgezogen wurde.
  • Der Nutznießer kann jedoch ein Wahlrecht ausüben. Er kann die Schenkungssteuer sofort in einer Summe begleichen oder die Steuer in jährlichen Raten bezahlen. Wenn sich der Nutznießer für die Ratenzahlung entscheidet, ist der Jahreswert der Nießbrauchansprüche die Grundlage für die Bemessung der Schenkungssteuer.

Wie wirkt sich der Vorbehaltsnießbrauch auf die Einkommenssteuer aus?

  • Die Schenkung einer Immobilie unter einem Vorbehaltsnießbrauch stellt ein unentgeltliches Rechtsgeschäft dar, da der Beschenkte nur das um das Nutzungsrecht geminderte Eigentum erlangt.
  • Der Nutznießer muss auf die Erträge aus der Immobilie Einkommenssteuern zahlen.
  • Für gewöhnliche Aufwendungen, die der Immobilie zugutekommen, kann der Nutznießer einen Werbungskostenabzug geltend machen. Wenn der Eigentümer hingegen außergewöhnliche Erhaltungsaufwendungen tätigt (z.B. Dachsanierungen oder neue Fenster), kann er nicht von dem Werbungskostenabzug Gebrauch machen, da er mit der Immobilie keine Einkünfte erzielt.

Wie wirkt sich der Zuwendungsnießbrauch auf die Einkommenssteuer aus?

  • Beim entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch muss der Eigentümer den Geldbetrag versteuern, den er für die Gewährung des Nutzungsrechts vom Nießbraucher erhalten hat.
  • Der Nutznießer hat in jedem Fall die Einnahmen aus der Immobilie zu versteuern. Für gewöhnliche Aufwendungen, die der Immobilie zugutekommen, kann der Nießnutzer einen Werbungskostenabzug geltend machen.

Stefanie Braun

Rechtsanwältin
Theoretische Voraussetzungen zur Fachanwältin für Erbrecht
Agrarrecht