Gesellschaftsrecht: Wann ist eine Ressortaufteilung auf Geschäftsführerebene wirksam?

Um eine bestmögliche Geschäftsführung zu gewährleisten, ist es üblich, Aufgabenbereiche zwischen mehreren Geschäftsführern aufzuteilen. Allerdings ist Vorsicht geboten – eine Zuordnung von Aufgabenbereichen bedeutet nicht, dass Geschäftsführer keine Verantwortung für fremde Ressorts haben!

Zum Fall:

Vor dem BGH verklagte ein Insolvenzverwalter einen der beiden Geschäftsführer einer TV-Produktionsfirma (GmbH). Der beklagte Geschäftsführer war für die künstlerischen Themenbereiche zuständig, während der andere als Zeuge geladene Geschäftsführer die Verantwortung für alle kaufmännischen Aufgaben innehatte. Die Verteilung der Aufgabenbereiche wurde zwischen den Geschäftsführern mündlich vereinbart. Der Insolvenzverwalter verlangte von dem Beklagten die Erstattung von Zahlungen in Höhe von über 94.000 Euro, die nach der Zahlungsunfähigkeit der GmbH geleistet wurden. Der Beklagte betonte gegenüber dem Insolvenzverwalter, dass er aufgrund seines künstlerischen Aufgabenfeldes keine Kenntnis von der drohenden Insolvenz gehabt habe (BGH 06.11.2018 – II ZR 11/17).

Was versteht man unter einer Ressortaufteilung?

Soweit eine GmbH mehrere Geschäftsführer hat, können diese einander bestimmte Aufgabenbereiche zuteilen.

  • Für Angelegenheiten, die das eigene Ressort betreffen, hat der Geschäftsführer die Handlungsverantwortung inne.
  • Für Angelegenheiten, die fremde Ressorts betreffen, ist der Geschäftsführer zur Kontrolle- und Überwachung verpflichtet. Eine gewisse Verantwortung für fremde Ressorts bleibt also bestehen. Der Geschäftsführer muss sich ein eigenes Bild von fremden Aufgabenbereichen machen und sobald Unregelmäßigkeiten auftreten, deren Aufklärung anstreben.

Welche Voraussetzungen muss eine Ressortaufteilung erfüllen?

Eine Ressortaufteilung auf der Geschäftsführungsebene ist möglich, wenn…

  • eine klare und eindeutige Abgrenzung der jeweiligen Aufgabenbereiche erfolgt,
  • sichergestellt ist, dass die Geschäftsführung insgesamt durch fachlich und persönlich geeignete Personen sichergestellt wird und
  • unabhängig von der jeweiligen Ressortzuständigkeit eines einzelnen Geschäftsführers die Zuständigkeit des Gesamtorgans gewahrt wird.

Muss die Ressortaufteilung schriftlich festgehalten werden?

Grundsätzlich kann die Ressortaufteilung auch mündlich erfolgen. Allerdings ist eine schriftliche Regelung aus Beweisgründen empfehlenswert.

Haften die Geschäftsführer für Zahlungen, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit geleistet wurden, gemeinsam?

Ja! Das Gericht betonte, dass die insolvenzrechtlichen Pflichten, welche sich aus § 64 GmbHG ergeben, alle Geschäftsführer persönlich betreffen.

  • Nicht alle Aufgaben, welche die Geschäftsführung betreffen, sind auf einzelne Geschäftsführer übertragbar.
  • Jeder Geschäftsführer ist verpflichtet, die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft sicherzustellen. Dementsprechend hat er Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber den anderen Geschäftsführern. Eine Haftung kann nur entfallen, wenn der Geschäftsführer auch seinen Kontroll- und Überwachungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.
  • Eine jährliche Kontrolle eines fremden Ressorts ist nicht ausreichend. Mündliche Auskünfte müssen regelmäßig auf ihre Plausibilität überprüft werden.
  • § 64 GmbHG ist seit Anfang 2021 entfallen. Eine Neuregelung findet sich in § 15b InsO.
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Dr. Bettina Schacht

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Zert. Testamentsvollstreckerin
Mediatorin