Familienrecht:
Wie berechnet sich der Volljährigenunterhalt?
Die Pflicht von Eltern zur Zahlung von Unterhalt für ihr Kind endet nicht mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, sondern besteht bis zum Abschluss einer angemessenen, den Fähigkeiten und Neigungen des Kindes entsprechenden Berufsausbildung fort, was in § 1610 Abs. 2 BGB geregelt ist.
Ein Kind hat einen Anspruch auf Finanzierung der beruflichen oder schulischen Ausbildung oder des Studiums durch die Eltern.
Anders als bei minderjährigen Kindern sind bei volljährigen Kindern beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern ist also auch der Elternteil, bei dem das Kind lebt, verantwortlich.
Berechnung des Volljährigenunterhalts
Die Unterhaltshöhe richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle, wobei unterschieden werden muss, ob das Kind noch im Elternhaus wohnt oder bereits einen eigenen Hausstand hat.
Für den Fall, dass ein volljähriges Kind einen eigenen Hausstand hat, liegt der Unterhalt laut der Düsseldorfer Tabelle pauschal bei 990 € monatlich. Hierin ist ein Betrag von 440 € für die Unterkunft enthalten.
Solange das volljährige Kind noch bei den Eltern oder bei einem Elternteil lebt, ist die Unterhaltshöhe vom Nettoeinkommen der Eltern abhängig und kann aus der sog. Düsseldorfer Tabelle abgelesen werden. Das ist eine Richtlinie, nach der die Familiengerichte den Kindesunterhalt berechnen. Da bei volljährigen Kindern beide Elternteile unterhaltspflichtig sind, wird für die Unterhaltsberechnung das bereinigte Nettoeinkommen beider addiert. Der jeweils zu zahlende Anteil am Unterhalt richtet sich dann nach dem Verhältnis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, kann Kosten für Wohnung und Verpflegung auf den eigenen Anteil anrechnen lassen.
Der Mindestunterhalt, also der Unterhalt, der – unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen – in jedem Fall gezahlt werden muss, liegt bei für im Haushalt eines Elternteils lebenden volljährigen Kindern bei 693 €.
Zu berücksichtigen ist aber, dass den Eltern ein Selbstbehaltsbetrag zusteht. Trotz Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt muss ihnen dieser Betrag bleiben.
Der Betrag für den Selbstbehalt (Eigenbedarf) bei privilegierten volljährigen Kindern liegt bei nicht erwerbstätigen Barunterhaltspflichtigen bei 1.200 € und bei erwerbstätigen Barunterhaltspflichtigen bei 1.450 € monatlich. Privilegierte Kinder sind volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden und noch bei den Eltern oder einem Elternteil im Haushalt leben, vgl. § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB.
Bei nicht privilegierten volljährigen Kindern liegt der Selbstbehaltsbetrag, unabhängig von der Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen, bei 1.750 €.
Anrechnung von eigenen Einkünften und Kindergeld
Verfügt das volljährige Kind aufgrund einer Ausbildung über eigenes Einkommen, ist dies auf den in der Düsseldorfer Tabelle angegebenen Unterhaltsbetrag anzurechnen. Zuvor sind jedoch die sogenannten berufsbedingten Aufwendungen, wie etwa Fahrtkosten, abzuziehen. Als Einkünfte gelten auch BAföG- oder Stipendienleistungen.
Auch das Kindergeld ist bei Weiterleitung an das volljährige Kind vollständig von diesem Unterhaltsbetrag abzuziehen. Dies beträgt aktuell 255 € monatlich.
Unter Abzug des Kindergeldes beträgt der Mindestunterhalt für ein im Haushalt der Eltern lebendes volljähriges Kind also 438 €. Der Unterhalt für ein volljähriges Kind mit eigenem Hausstand beträgt unter Anrechnung des Kindergeldes 735 €.
Orientierungszeit nach dem Schulabschluss
Nach dem Schulabschluss wird Kindern eine Orientierungszeit zur Suche einer passenden Ausbildung zugestanden, während der die Unterhaltspflicht bestehen bleibt. Die Dauer dieser zugestandenen Orientierungszeit richtet sich individuell nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Kindes, beträgt im Regelfall jedoch ca. ein Jahr.
Befindet sich ein volljähriges Kind über diese Zeit hinaus nicht in einer Ausbildung und macht beispielsweise eine Weltreise oder ein Au-Pair- oder Work-and-Travel-Programm, besteht keine Unterhaltspflicht der Eltern. Bei Ableistung eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) muss der jeweilige Einzelfall betrachtet werden.
Wann endet die Unterhaltspflicht?
Nach Beendigung der Berufsausbildung erlischt die Unterhaltsverpflichtung der Eltern grundsätzlich. Ausnahmen hiervon gelten bei Krankheit des Kindes oder sonstigen Verzögerungen, die das Kind nicht verschuldet.
Die Unterhaltspflicht endet bei einem Studium grundsätzlich mit dem Ablauf der Regelstudienzeit.
Bei Wechsel der Ausbildung oder des Studiums besteht die Unterhaltsverpflichtung weiter fort, wenn dieser auf sachlichen Gründen beruht und für die Eltern wirtschaftlich zumutbar ist. Gesetzlich wird jungen Menschen zugestanden, Fehler hinsichtlich ihrer Berufswahl zu machen und sich beruflich neu zu orientieren. Bei einem Studium ist ein Studienfachwechsel bis zum dritten Semester möglich.
In Fällen, in denen bereits die zweite Ausbildung abgebrochen oder nach dem Abbruch keine neue Arbeitsstelle gesucht wird, besteht der Unterhaltsanspruch nicht weiter fort.
Auch bei Aufnahme einer Zweitausbildung nach Abschluss einer ersten Ausbildung besteht die Unterhaltspflicht grundsätzlich nicht fort.
Als Ausnahme hiervon besteht weiterhin ein Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes, wenn eine Weiterbildung begonnen wird. Von einer Weiterbildung wird ausgegangen, wenn die zweite aufgenommene Ausbildung in einem engen fachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur ersten, abgeschlossenen Ausbildung steht. Die Zweitausbildung muss eine Weiterführung oder Vertiefung der ersten Ausbildung darstellen. Dies wäre beispielsweise bei Aufnahme eines BWL-Studiums nach Abschluss einer Lehre bei der Bank der Fall sowie bei Aufnahme eines Masterstudiums nach abgeschlossenem Bachelorstudium.
Bei einer Promotion besteht in der Regel kein Unterhaltsanspruch mehr.
Gegenüberstehende Pflicht des Kindes
Der Unterhaltspflicht der Eltern steht die Pflicht des Kindes gegenüber, die Ausbildung zielstrebig durchzuführen und innerhalb üblicher Dauer zu beenden. Bei nachhaltiger Verletzung dieser Pflicht seitens des Kindes kann der Unterhaltsanspruch in Einzelfällen entfallen.
Fazit
Eltern sind also auch volljährigen Kindern gegenüber unterhaltspflichtig, wenn sich diese noch in der Ausbildung befinden. Während für Kinder mit eigenem Hausstand pauschal 990 € monatlich zu zahlen ist, richtet sich der Unterhalt für Kinder, die noch bei den Eltern leben, nach dem Einkommen der Eltern, beträgt jedoch mindestens 693 €.
Katrin Eichner
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
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