Arbeitsrecht: Kann der Urlaubsanspruch wegen Kurzarbeit gekürzt werden?

Wenn sich Arbeitnehmer in Kurzarbeit befinden, stellt sie dies häufig vor finanzielle Herausforderungen. Nach dem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf kann sich die Kurzarbeit jedoch auch noch anderweitig auf Arbeitnehmer auswirken, denn auch der Urlaubsanspruch kann von der Kurzarbeit betroffen sein!

Zum Fall:

Vor dem LAG Düsseldorf ging es um die Klage einer Arbeitnehmerin, die zwischen April und Dezember 2020 wiederholt auf Kurzarbeit „Null“ gesetzt worden war. Während der Kurzarbeit hatte die Arbeitnehmerin nicht gearbeitet. Diesen Umstand bezog der Arbeitgeber bei der Erteilung des Urlaubes mit ein und gewährte nur anteilig Urlaub für die Zeit, in der sich die Angestellte nicht in Kurzarbeit befunden hatte. Die Klägerin war mit dieser Berechnung nicht einverstanden und verlangte die vollumfängliche Erfüllung ihres jährlichen Urlaubsanspruches. Sie argumentierte, dass Kurzarbeit auf den Wunsch des Arbeitgebers hin erfolge und nicht im Interesse des Arbeitnehmers sei. Kurzarbeit sei auch keine Freizeit, da der Arbeitgeber die Kurzarbeit jederzeit beenden könne. Der Arbeitgeber entgegnete, dass mangels Arbeitspflicht während der Kurzarbeit „Null“ keine Urlaubsansprüche entstehen würden (LAG Düsseldorf 12.03.2021 – Az. 6 Sa 824/20).

Können Urlaubsansprüche während der Kurzarbeit erworben werden?

Das Gericht war der Meinung, dass während der Kurzarbeit „Null“ keine Urlaubsansprüche erworben werden können.
§ 3 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) bezweckt nach der Auslegung des LAG Düsseldorfs die Erholung der Beschäftigten. Da während der Kurzarbeit „Null“ keine Arbeitspflicht besteht, muss der Arbeitnehmer sich für diesen Zeitraum auch nicht erholen.
Im konkreten Fall wurde deswegen entschieden, dass der Jahresurlaubsanspruch um 1/12 für jeden Monat, den die Klägerin in Kurzarbeit „Null“ gewesen ist, gekürzt werden kann.

Ist die Rechtsprechung mit dem Unionsrecht vereinbar?

Ja! Der EuGH hat schon 2012 entschieden, dass das Unionsrecht keinen nationalen Regelungen entgegensteht, nach denen sich der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung verringert (EuGH 08.11.2012 – C-229/11 und C-230/11.)

Achtung: Die Revision vor dem BAG wurde zugelassen.

Es gilt abzuwarten, ob das Urteil auch höchstrichterlich bestätigt wird!

Stefan Schröter

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht