WEG-Hausordnung: Muss die Tierhaltung untersagt werden, wenn ein Eigentümer an einer lebensbedrohlichen Tierhaar-Allergie leidet?

WEG-Hausordnung: Muss die Tierhaltung untersagt werden, wenn ein Eigentümer an einer lebensbedrohlichen Tierhaar-Allergie leidet?

LG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023, 11 S 126/22

 

Zum Fall:

Eine Klägerin der mehreren Kläger des Falles litt unter einer Tierhaarallergie, die in Kombination mit anderen Vorerkrankungen lebensbedrohlich für diese sei. In der Hausordnung gab es eine Regelung, die zwar nicht die generelle Tierhaltung untersagte, aber regelte, dass diese sich nicht frei im Haus, den Außenanlagen sowie in der Tiefgarage bewegen dürfen. Zuvor galt ein absolutes Tierhalteverbot in der Hausordnung, weswegen die Betroffene die Wohnung erworben hatte. Es sei für ihre Erkrankung bereits gefährlich, wenn sie
beispielsweise im Treppenhaus mit tierallergenkontaminierter Kleidung in Berührung kommt. Daher fordert sie die Aufhebung dieser Hausordnungsregelung. Die Beklagte hingegen hält die Regelung für angemessen, da sich auch im öffentlichen Raum der Kontakt mit Tierhaaren nicht gänzlich vermeiden lässt.

Das Amtsgericht gab der Beklagten Recht, woraufhin die Kläger Berufung einlegten.


Entscheidung des LG Karlsruhe:

Die Berufung der Kläger blieb erfolglos.

Bei der Beschlussfassung der Hausordnung kommt den Wohnungseigentümern im Hinblick auf die Ausgestaltung dieser ein Beurteilungsspielraum zu. Es ist lediglich erforderlich, dass alle schützenswerten Interessen berücksichtigt werden und die Hausordnung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entspricht. Sofern dieser Rahmen eingehalten wird, kann ein Gericht die Hausordnung nicht weiter überprüfen und kein eigenes Ermessen ausüben.

Es ist nicht möglich, alle individuellen Besonderheiten innerhalb der allgemeinen Beschlussfassung einzubeziehen, da ansonsten die Beschlussfassung erschwert und die Eigentumsnutzung stark beschränkt werden würde.

Ferner gilt zu beachten, dass die Haustierhaltung in einigen Fällen ebenso ein berechtigtes Interesse darstellt, beispielsweise die Haltung eines Therapie- oder Blindenhundes, was dann nicht mehr möglich wäre.

Betroffenen wird dadurch auch nicht die Möglichkeit genommen, im Wege einer Klage zu erreichen, dass keine Tiere gehalten werden dürfen. Dieser Rechtsweg ist ihnen zumutbar.

Die Kläger können sich darüber hinaus nicht auf einen Vertrauensschutz berufen, dass ein absolutes Tierhaltungsverbot auch in Zukunft weiterhin besteht. Eine Hausordnung ist abänderbar und wenn es keine Regelung bezüglich der Tierhaltung gäbe, dann würde die gesetzliche Regelung Anwendung finden, die grundsätzlich eine Tierhaltung ermöglicht. Damit stellt die neue Regelung die Wohnungseigentümer auch in ihrem Interesse besser als es die Rechtsordnung tun würde.

 

Fazit:

Dem LG Karlsruhe ist zuzustimmen. In der generalisierenden Hausordnung können nicht alle Besonderheiten und Ausnahmen einbezogen werden, da eine Beschlussfassung sonst nahezu unmöglich gemacht werden würde und eine Feststellung aller Kriterien im Vorfeld nicht stattfinden kann.

Die Möglichkeit zur Klageerhebung für gerade diese Einzelfälle besteht weiterhin und kann eine Einzelfallgerechtigkeit ermöglichen. Im Rahmen der Hausordnung hingegen muss auf die Interessenlage der Gesamtheit abgestellt werden.

Markus Rauh

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Transportrecht
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